Auf dem Sprung – Was ständiges Präsent Sein mit uns Eltern macht.

Ständig auf Abruf, immer wieder rausgerissen.

Heute geht es um ein Gefühl, ständig auf Abruf zu sein. Diese dauernde Präsenz, die es, gerade mit kleinen Kindern, oft braucht. Damit meine ich nicht, dass wir die ganze Zeit neben unserem Kind sitzen. In dem wenigen eigenen Raum, den wir oft für uns haben, sind wir häufig doch da. Wir sind greifbar und könnten jeden Moment wieder gerufen oder gebraucht werden. Da kann dann diese innerliche Unruhe entstehen, diese Schwierigkeit, andere Dinge anzugehen – gerade wenn wir als einzige erwachsene Person alleine mit den Kindern sind. Oder aber auch gerade wenn wir schon viele Erfahrungen damit gemacht haben, immer wieder rausgerissen zu werden.

Vor einiger Zeit habe ich einen Text über meine Erfahrung damit geschrieben. Über den entstehenden Stress und wie wir damit umgehen können:

Auf dem Sprung

Gleich, bestimmt gleich werde ich wieder gebraucht. Es gibt Geschwisterstreit, es weint ein Kind oder hat Hunger oder will mit mir spielen oder oder oder. Ich spüre diese Anspannung in mir. Sie macht mich unruhig und hindert mich daran, den Moment zu genießen. Ich sitze und ruhe aus, aber eigentlich regeneriere ich nicht. Das hier ist keine Erholung. Das hier ist Alarmbereitschaft im Nichts Tun. Die Erwartung von dem, was ich kenne. Und gleichzeitig die Angst vor dem Schmerz. Der Schmerz, der kommt, wenn ich mich dem hingebe, was mir Freude bereitet. Wenn ich zur Ruhe komme, entspanne, genieße – und da wieder raus katapultiert werde.

Doch ist es wirklich einfacher, dieser Erfahrung erst gar nicht zu machen? Ich fange an tiefer zu atmen, mehr im Moment anzukommen, mehr bei mir und meinem Körper anzukommen. Eine weitere Angst kommt hoch: „Was ist, wenn du wütend wirst, weil der Moment so schön war und dich jemand rausreißt?“ – „Interessant!“, denke ich. Und dann erkenne ich, dass diese Wut vor allem dann hochkommt, wenn ich erst gar nicht in diese tiefe Entspannung komme oder sie sehr lange nicht hatte. Dass dieser Schmerz vor allem dann kommt, wenn ich das Gefühl habe, mit meinem Fokus die ganze Zeit präsent bei den anderen zu sein und nicht bei mir.

Ich atme ein. Ich atme aus. Ich lasse sie los, die Angst, keine gute Mutter zu sein, wenn ich nicht immer gleich zur Stelle bin. Wenn ich auch mal sage „Jetzt gerade nicht.“. Ich entspanne mich in den Moment hinein und merke, dass ich sicher bin. Dass es sicher ist, jetzt vollkommen bei mir zu sein und tief zu entspannen. Im Außen sieht es aus wie nichts – doch innerlich habe ich gerade einen Berg erklommen.

Manchmal finden wir einen guten Umgang damit und manchmal nicht.

Der Text war eine Momentaufnahme und ja, in dem Moment habe ich einen guten Umgang gefunden. Und in soooo vielen anderen schaffe ich es nicht. Das ist etwas, was wir wieder und wieder und wieder üben dürfen. Manchmal schaffen wir es, präsent zu werden und die Ängste und den schon so gewohnten Stress loszulassen. Manchmal gibt es Phasen, da klappt das gut. Und dann mal wieder schaffen wir es überhaupt nicht. Da sind wir vielleicht wie eingefroren weil wir gleich gebraucht werden könnten und starten lieber erst gar nicht das, was wir eigentlich tun wollen. Oder wir haben Zeiten, in denen sind Wut und Hilflosigkeit so groß weil wir das Gefühl haben, dass wir viel zu wenig Raum haben.

Letztendlich ist jedes Mal, wo wir es schaffen, die Angst und den Stress loszulassen und in die Regulation zu gehen ein Erfolg. Denn so stärken wir neue Pfade und von Mal zu Mal wird es leichter, dass wir in diesen Momenten auch loslassen und entspannen können.

Nach Außen sieht es nach wenig aus, doch innerlich passiert so viel.

Und vielleicht noch ein wertvoller Gedanke für Zeiten, in denen die eigenen Selbstzweifel nach oben kommen: nicht umsonst werden Menschen in bestimmten Berufen zum Bereitschaftsdienst eingeteilt und erhalten entsprechendes Gehalt für diese Rufbereitschaft. Und nicht umsonst sind diese Bereitschaftsdienste zeitlich begrenzt. Das macht etwas mit uns. Am Ende des Tages ist es aber etwas, was wenig Beachtung findet – von anderen, aber gerade auch von uns selbst! Denn nach außen sieht es so aus als hätten wir in diesen Momenten „nichts“ getan und hatten sogar Raum für uns. Und innerlich passiert so viel weil es so viel Flexibilität von uns braucht immer wieder von einer Sache zur nächsten zu wechseln. Weil wir, wenn wir alleine mit den Kindern sind, wissen, dass wir alles bewältigen müssen – egal  was kommt. Weil da vielleicht eine Anspannung entsteht aus der Angst, dass wir aus einer Überforderung heraus blöd zu unseren Kindern sein könnten. Und das ist noch gar nicht alles, was da innerlich in uns ablaufen kann und was es von uns braucht.

Wenn du dich am Ende des Tages mal wieder fragst, warum du eigentlich so müde bist, denke gerne daran, was du wirklich alles leistest!

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